Der deutsche Glücksspielstaatsvertrag in der Praxis – Ist der Aufwand wirklich verhältnismäßig?

 

Seit fast vier Jahren ist der neue deutsche Glücksspielstaatsvertrag in Kraft. Mittlerweile fragen sich jedoch immer mehr Experten, ob er nicht dringend überarbeitet werden müsse. Immer wieder kommen Fälle ans Tageslicht, die Zweifel an der Wirksamkeit des Gesetzes aufkommen lassen. Einer der kuriosesten wurde Ende Februar endgültig vom Landgericht Ravensburg geklärt. Dabei handelte es sich um eine Berufungsverhandlung eines bereits zuvor vom Amtsgericht Biberach behandelten Falles.

Junge Frau spielt um Kleinstbeträge im Internet und löst polizeiliche Ermittlungen aus

 Im Zentrum des Falles steht eine junge Ingenieurin, die im baden-württembergischen Biberach wohnhaft ist. Die Frau stieß im Internet auf eine sie ansprechende Webseite eines in Malta ansässigen Wettanbieters. Dort spielte sie gelegentlich die dort angebotenen Lotteriespiele. Jedoch nicht um riesige Beträge, laut Staatsanwaltschaft setzte sie jeweils zwischen zehn und 39 Euro und nahm an insgesamt 34 Spielen teil. Was die Frau jedoch nicht wusste, ist, dass der Anbieter keine Lizenz in Deutschland besaß und sie deshalb an illegalem Glücksspiel teilnahm.

 Eines führte zum anderen und brachte den Stein ins Rollen. Der Hausbank der Dame vielen die Kontobewegungen auf und die Mitarbeiter informierten die Polizei. Die Staatsanwaltschaft begann anschließend, gegen die Ingenieurin Ermittlungen wegen der Teilnahme an illegalem Glücksspiel einzuleiten und dies obwohl der geringen Beträge und noch geringeren Gewinne. Der Fall landete tatsächlich vor dem Amtsgericht Biberach, das mit einem Freispruch zugunsten der Beklagten entschied. Für die Staatsanwaltschaft kein akzeptables Urteil, weshalb diese Berufung einlegte.

Fall abschließend geklärt kein Vorsatz erkennbar

 Die Beklagte gab im Prozess an, dass sie lediglich gelegentlich mit ihrem Smartphone gespielt habe. Von der fehlenden Konzession des Anbieters in Deutschland habe sie nichts gewusst, da sie weder die AGB noch das Impressum gelesen habe. Als sie im Fernsehen einen kritischen Beitrag zu dem Thema sah, sei ihr die Sache allerdings komisch vorgekommen und sie habe gekündigt. Kurze Zeit darauf sich jedoch wieder angemeldet und weitergespielt. 

 Dem Fall die Krone setzte jedoch in der Berufungsverhandlung die Staatsanwaltschaft selbst auf. Sie war es nämlich, die den Freispruch beantragte, da kein Vorsatz zu erkennen sei. Die Schöffen stimmten in der Verhandlung dem Antrag zu und verwarfen die Berufung als unbegründet. Dadurch wurde der bereits im Juli 2024 erfolgte Freispruch bestätigt und rechtskräftig.

Ist ein derartiger Aufwand es wirklich wert?

 Fassen wir also zusammen, dass ein Bürger, der 34-mal Einsätze zwischen zehn und 39 Euro tätigt und dabei ganz geringe Gewinne erzielt, vor Gericht landet und dies gleich zweimal! Dem gingen polizeiliche sowie staatsanwaltliche Ermittlungen voraus. Darüber hinaus wurde erst ein Amtsgericht und anschließend ein Landgericht mit dem Fall beschäftigt und all dies um die beklagte gleich zweimal freizusprechen! In Anbetracht dieser Tatsachen muss die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des Umsetzens der deutschen Glücksspielgesetze erlaubt sein.